Nachrüstung von Tiefgaragen mit einheitlicher Ladeinfrastruktur

In manchen Wohngebieten unserer Gemeinde haben (zukünftige) E-Auto-Fahrer nicht die Voraussetzungen für eine private Ladestation, z.B. am Stellplatz direkt am eigenen Haus. Viele „Laternenparker“, wie Bewohner von Reihenhäusern und Etagenwohnungen, hatten bis vor Kurzem auch keine realistische Möglichkeit eine private Wallbox (WB) in einer Sammel-Tiefgarage (TG) installieren zu lassen.

Doch seit Dezember 2020 hat jeder Wohnungseigentümer und Mieter das Recht darauf, in der Tiefgarage der Wohnanlage eine Wallbox zu verlangen. Die Möglichkeit, zu Hause zu laden, wurde von Gesetzgeber für alle Mehrfamilienhäuser im Eigentum und zur Miete zum Standard erklärt. Von dieser Entscheidung profitieren alle Eigentümer (-Gemeinschaften), denen mehr als fünf Stellplätze zur Verfügung stehen. Wer ein Bestandsgebäude mit mehr als 20 Stellplätzen umfassend saniert, muss ab 2025 sogar einen installierten Ladepunkt vorhalten. Dennoch muss die Maßnahme in der Eigentümergemeinschaft besprochen und genehmigt werden. Eine eigenmächtige, nicht abgesprochene Installation einer Ladestation ist nicht erlaubt (und auch nicht sinnvoll). Für die Umsetzung ist nur noch der einfache Mehrheitsbeschluss ausreichend. Wichtig ist auch die Einigkeit einer sinnvollen und kostengünstigen technischen Umsetzung. Die Kosten für die Lade-Vorrichtungen und die Maßnahmen (Einbau, Installation, Wartung) innerhalb der Sammel-Tiefgarage müssen vom jeweiligen Stellplatz-Eigentümer selbst finanziert werden – bzw. anteilig und fair auf alle Eigentümer umgelegt werden.

Ein kostensparender Ansatz ist ein 100%-Ausbau in 2 Stufen. Er vereinigt Vorteile des vollständigen, aber schrittweisen, bedarfsgerechten Ausbaus: In Stufe 1 werden ALLE Stellplätze zu überschaubaren Kosten zum Anschluss vorbereitet (Lade-Infra-Struktur = LIS). Damit muss jeder Miteigentümer anfangs nur ca. 30% der Vollkosten (den Anteil für die Infrastruktur) zahlen, um sofort eine langfristige Wertsteigerung und Attraktivität sicherzustellen. Eine Wallbox wird erst dann installiert und individuell gezahlt, sobald ein Elektrofahrzeug genutzt wird (Stufe 2). Die Kosten für LIS und/oder WB sind aktuell leider vom Bund her nicht förderfähig. Eine Anfrage bei der lokalen Gemeinde bringt aber manchmal Zuschüsse, die Höhe und Kriterien sind aber sehr unterschiedlich.

Technische Details

Beim Entwurf einer LIS ist darauf zu achten, dass eine zentrale Steuerung der einzelnen Ladepunkte mit einem Last- und Abrechnungs-Management versehen ist und dass alle Wallboxen einheitlich ausgeführt sind. Dadurch kann in vielen Fällen der bestehende TG-Strom-Anschluss ohne Aufrüstung bzw. ohne das Verlegen neuer Starkstromkabel, verwendet werden, was wiederum die Gesamtkosten reduziert. Außerdem ermöglicht das zentrale Management auch die Abrechnung der Stromkosten der einzelnen Teilnehmer. Die Abrechnung für jeden Stellplatz und Wartung der LIS kann gegebenenfalls zur Entlastung der Verwalter auch durch Dienstleister erfolgen.

Betrieb

Die Steuerung/Aktivierung des Ladevorgangs erfolgt durch kontaktlose, personalisierte Funk-Schlüsselanhänger (RFID-Chips). Wird die Ladung gestartet, wird die verfügbare Leistung „gerecht“ verteilt (wer am meisten geladen hat, wird als nächstes bei Engpässen runtergeregelt). Was am Monats-/Jahresende an Verbrauchskosten aufgelaufen ist, wird durch eine individuelle Verbrauchs-Abrechnung (eichrechtskonform in der eigenen WB gemessen) vom jeweiligen Eigentümer wieder eingefordert.

Kosten und Risiken

Die monatlichen Grund-Kosten pro aktivem Stellplatz liegen z.Zt. unter 10€ (Abrechnung, Betrieb, Wartung). Eine nicht genutzte Wallbox kann auch vorrübergehend „stillgelegt“ werden. Die Mehrkosten für die TG-Gemeinschaft i.d.R. sehr gering, manchmal ist eine Anpassung der Brandschutzversicherung angeraten.

Der Weg zur intelligenten Ladeinfrastruktur

Wenn sie ein Angebot für eine Intelligente Ladeinfrastruktur einholen wollen, sollten sie

  • Den Erfahrungsaustausch mit bestehenden Anwendern suchen (s.u.)
  • Eine (kostenlose) Beratung in Anspruch nehmen (siehe SZ-Artikel unten)
  • Darauf achten, dass
    • das Konzept ein zentrales Lastmanagement beinhaltet
    • in dem ein zentrales Kabel (oder Schiene) zu allen Stellplätzen führt
    • alle WB vom selben Typ/Hersteller (mit max. 11kW) sind
    • der Stromversorger einen (grünen) E-Mobil-Tarif (+ extra Zähler) bietet
    • die Ausführung durch regionale Anbieter erfolgt (Ansprechpartner!)
    • die Verbrauchskosten-Abrechnung und Wartung durch Dienstleister erfolgt
  • Einschränkungen:
    • keine Alleingänge bei der Wahl der Wallboxen, Solidaritätsgebot
    • Bisher keine Gemeinschafts-PV-Kombi oder Speicher, aus Kostengründen
    • Bisher keine individuellen oder dynamischen Stromtarife
    • Eine LIS ist keine „Schnellladestation“, sondern eine kollektive Lösung
    • Bei Dienstwagen: Ob und wie die Übernahme der Stromkosten durch Arbeitgeber umsetzbar ist, muss im Einzelfall geklärt werden.
Vorteile einer LIS
  • Sofortige Wertsteigerung der Tiefgarage, Vorbereitung auf Anfragen
  • Individuelle Lademöglichkeit in einer Gemeinschaftsanlage
  • Kostenoptimierte Installation erhöht Umsetzungschancen
  • Hauptteil der Kosten fällt erst an, wenn wirklich ein E-Fahrzeug angeschafft wird

In einigen TG-Objekten in Zorneding und Vaterstetten (z.B. Fasanenstr., 44 Stellplätze) wurden solche LIS-Anlagen bereits realisiert. Es besteht die Möglichkeit einer Besichtigung.

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