Energie von morgen: Geothermie

Sonne, Wind, Geothermie, Wasser, Biomasse – aus welchen erneuerbaren Quellen deckt Vaterstetten künftig seinen Energiebedarf? In diesem Teil der Serie ‚Energie von morgen‘ geht es um einen unsichtbaren Schatz: Geothermie.

Wenn in den vergangenen Jahrzehnten über die Energiewende diskutiert wurde, beschäftigte man sich dabei häufig nur mit der „Stromwende“: Windkraft oder Kohlestrom? PV oder Atomkraft? Dabei war unter Experten lange vor der öffentlichen Debatte um das Heizungsgesetz im vergangenen Jahr klar: Der größere Hebel für mehr Klimaschutz und Unabhängigkeit liegt in der Wärmeversorgung. Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland macht der Wärme- und Kältesektor aus – Strom und Verkehr nur je ein Viertel. Der Abschied von fossilen Energieträgern im Wärmebereich ist also entscheidend für ein Gelingen der Energiewende als Ganzes. In Vaterstetten haben wir dafür glücklicherweise besonders günstige Voraussetzungen.

Der Wärmebedarf der gesamten Gemeinde mit ihren rund 25.000 Einwohnern lag 2020 bei rund 230.000 MWh. Damit liegen wir, bezogen auf die Einwohnerzahl, deutlich unter dem bundesweiten Schnitt von 13,7 MWh pro Kopf – darin ist allerdings auch der Bedarf des Industrie- und Gewerbesektors enthalten, der bei uns weniger ausgeprägt ist. Die Besonderheit liegt also woanders – unscheinbar verborgen unter unseren Füßen: In rund 2 bis 3,5 km Tiefe befindet sich der sogenannte Malmkarst des Süddeutschen Molassebeckens – und in ihm Thermalwasser mit Temperaturen zwischen 80 und 100 Grad. Das ist zwar nicht genug, um wirtschaftlich Strom zu produzieren – aber ausreichend für eine zuverlässige Wärmeversorgung.

Dass das Verfahren funktioniert, lässt sich nur wenige Kilometer entfernt in Aschheim und in der Messestadt München-Riem besichtigen. Dort werden bereits tausende Gebäude mit der Wärme aus der Tiefengeothermie versorgt – mit einer Technik, wie sie auch für Vaterstetten geplant ist. Eine sogenannte Dublette befördert über eine Förderbohrung das heiße Wasser an die Oberfläche, wo es über Wärmetauscher seine Energie an das Fernwärmenetz abgibt, bevor es durch eine zweite Injektionsbohrung zurück in die Tiefe geschickt wird. Die Planungen gehen davon aus, dass eine solche Dublette auf Vaterstettener Flur rund 175.000 MWh Wärme pro Jahr liefern kann.

Diese Menge würde allerdings nicht allein unserer Gemeinde zur Verfügung stehen. Schließlich haben sich auch die Nachbargemeinden Grasbrunn, Haar und Zorneding der interkommunalen Fördergesellschaft GEMO angeschlossen. Da in Haar das Fernwärmenetz aber, wie in Vaterstetten, noch längst nicht das gesamte Ortsgebiet erschließt und in Grasbrunn und Zorneding entsprechende Netze erst entstehen müssen, verfügt schon die erste Dublette über ein zunächst mehr als ausreichendes Potenzial. Ist der Ausbau der Netze in den Kommunen dann entsprechend fortgeschritten, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Wärmeausbeute über eine zweite Dublette zu verdoppeln.

Eine vollständige Deckung des gesamten Wärmebedarfs Vaterstettens aus Geothermie ist – auch durch weitere Faktoren wie Spitzenlasten, entfernte Ortsteile oder die realisierte Anschlussquote – weder realistisch noch wirtschaftlich. Geothermie kann allerdings ausreichend Wärmeenergie zur Verfügung stellen, um auf absehbare Zeit den Bedarf eines guten Teils unserer Gemeinde und darüber hinaus emissionsfrei und lokal zu decken. Um als privater Haushalt von Wärmeversorgung durch Geothermie in Vaterstetten zu profitieren, ist ein Anschluss an das lokale Fernwärmenetz Voraussetzung. In einigen Gebieten der Gemeindeteile Vaterstetten und Baldham ist das Fernwärmenetz bereits vorhanden. Für weitere Gebiete ist der Ausbau stufenweise für die nächsten Jahren in Planung.

Steckbrief
  • Gesamtpotential: hoch
  • Verbliebenes Potential: hoch
  • Besonderheiten: Bei uns nur für Wärme geeignet, kann auch Bestandsgebäude ohne aufwendige Sanierungsmaßnahmen CO2-frei mit Wärme versorgen
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